Adolf Endler (1930–2009) war ein ganz besonderer Kopf, den man in der DDR nicht so leicht in eine Schublade stecken konnte. Wie Wolfgang Hilbig so treffend sagte: „Jedesmal, wenn man etwas von Dir liest, glaubt man, man müsse sich augenblicklich totlachen. Doch dann merkt man plötzlich, daß man schon tot war und daß man sich wieder lebendig gelacht hat.“ Endler, den Hilbig auch liebevoll als „Tarzan am Prenzlauer Berg“ bezeichnete, war ein geschätzter Dichter, dessen Werk auch nach der Wende in der Berliner Kulturlandschaft Spuren hinterlassen hat.
Für Endler war es in der DDR oft schwer, seine Texte offiziell zu veröffentlichen. Das lag auch daran, dass er 1979 aus dem Schriftstellerverband der DDR ausgeschlossen wurde. Der Grund: Er hatte, zusammen mit anderen Schriftstellern wie Elke Erb und Kurt Bartsch, offen gegen die Ausbürgerung des Liedermachers Wolf Biermann im Jahr 1976 protestiert. In den 1980er Jahren musste er seine Werke daher fast nur in heimlichen Zeitschriften in der DDR oder in Westdeutschland herausbringen. Trotzdem hat er mit seinen Nachdichtungen aus Sprachen wie Bulgarisch, Russisch, Georgisch und Französisch dafür gesorgt, dass Europa kulturell enger zusammenrückte.
Zu seinen wichtigsten Veröffentlichungen zählen Gedichtbände wie „Erwacht ohne Furcht“ (1960), „Die Kinder der Nibelungen“ (1964), „Das Sandkorn“ (1974), „Nackt mit Brille“ (1975) und „Verwirrte klare Botschaften“ (1979). Auch Werke wie „Akte Endler“ (1981), „Ohne Nennung von Gründen“ (1985) und „Schichtenflotz“ (1987) sind bekannte Beispiele seines Schaffens. Später erschienen auch „Kiwitt, kiwitt“ (2015) und „Kleiner kaukasischer Divan“ (2018), und 2019 wurden seine gesammelten Gedichte veröffentlicht. Viele seiner Gedichte überarbeitete er immer wieder, teilweise über Jahrzehnte hinweg.
Ende der 1980er Jahre wurde Adolf Endler zum wichtigen Mentor der sogenannten „Prenzlauer-Berg-Connection“. Er gilt sogar als Namensgeber dieser Gruppe. Der Prenzlauer Berg war damals ein Viertel in Berlin, das vom Verfall gezeichnet war und viele leerstehende Wohnungen bot. Das machte es für unangepasste Künstler und Aussteiger leicht, dort Fuß zu fassen. Es war ein überschaubarer Kiez, in dem sich Autoren wie Uwe Kolbe und Bert Papenfuß in Kneipen wie dem Wiener Cafe, dem Cafe Mosaik (auch „Mozambique“ genannt) oder dem Keglerheim (genannt „Fenglers“) trafen. Auch wenn das Fenglers später leider zur „Stasi-Kneipe“ wurde, bot das Viertel Freiräume für eine Gegenkultur. In dieser neuen Freiheit konnte Endler seine ganz eigene, „phantasmagorische“ Welt in seinen Werken zum Leben erwecken. Die Beiträge, die sich mit seinem Schaffen beschäftigen, heben hervor, wie vielseitig sein Werk war und wie er die Regeln des sozialistischen Realismus mit surrealen Elementen und Formen unterlief – und damit bis heute wirkt.
Anstoß für dieses Projekt war eine Begegnung mit dem Journalisten Renatus Deckert, bei der ich einen Schreibworkshop belegte. Er sprach über seine bisherigen Veröffentlichungen, darunter zwei Bücher, die schließlich zum Ausgangspunkt wurden:
Das erste Buch, herausgegeben von Renatus Deckert, enthält Adolf Endlers Reflexionen über die Entstehung seines literarischen Erstlings Weg in die Wische und seinen Rückblick darauf.
In Dies Sirren, zeigt Deckert im Gespräch mit Endler über verschiedene Lebensetappen. Meine Lektürenotizen zu diesen Werken können Sie auf ersatzgestalt.de – meinem Literaturblog – nachverfolgen.
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